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Hybrides Projektmanagement: Wenn Tradition auf Agilität trifft – auch abseits der Softwareentwicklung

Stellen Sie sich ein großes Bauprojekt vor: Der Architekt hat präzise Pläne erstellt, der Projektstrukturplan ist ausgearbeitet, das Pflichtenheft definiert alle Anforderungen und die Kostenplanung scheint wasserdicht. Doch dann werden unerwartete Bodenverhältnisse entdeckt, Materiallieferungen verzögern sich oder der Kunde möchte doch eine andere Raumaufteilung. Durch solche oder ähnliche Ereignisse werden immer wieder Projektpläne gefährdet und Termine können nicht gehalten werden.

Die Grenzen des traditionellen Projektmanagements in klassischen Industrien

Nicht nur in der IT, auch in etablierten Bereichen wie Bauwesen, Anlagenbau oder regulierten Branchen stoßen traditionelle Methoden an ihre Grenzen:

 

  • Bauprojekte: Unvorhergesehene Bodenbeschaffenheit, neue Kundenanforderungen oder Lieferengpässe werfen detaillierte Zeitpläne über den Haufen

  • Anlagenbau: Technologische Neuerungen oder sich ändernde Sicherheitsstandards erfordern Anpassungen während der Projektlaufzeit

  • Regulierte Bereiche (Pharma, Energie): Neue Compliance-Anforderungen treten während der Projektumsetzung in Kraft

 

Die Folge? Nachträgliche Änderungen, Budgetüberschreitungen und frustrierte Teams – obwohl die initiale Kostenschätzung und Planung sorgfältig erstellt wurde. In solchen Fällen kann eine Ergänzung durch agile Vorgehensmodelle Abhilfe schaffen. 

Agile Methoden als strategische Ergänzung

Die Stärke agiler Methoden liegt nicht in der Ersetzung traditioneller Strukturen, sondern in ihrer intelligenten Ergänzung:

 

Die Scrum Methode im Bauprojekt:

Statt monatelang ohne Kundenfeedback zu arbeiten, können definierte Projektabschnitte in "Sprints" unterteilt werden. Nach jedem Sprint erhält der Bauherr die Möglichkeit, Anpassungen für die nächste Phase vorzunehmen, ohne dass das gesamte Projekt ins Wanken gerät.

Die Kanban Methode im Anlagenbau:

Materiallieferungen, Genehmigungsprozesse und Montageabläufe werden visualisiert. Engpässe werden sofort sichtbar und können priorisiert behoben werden, bevor sie kritisch werden.

Hybride Projektmanagement-Ansätze in der Praxis

Hybrides Projektmanagement verbindet die notwendige Stabilität traditioneller Planung mit der benötigten Flexibilität agiler Methoden:

 

Phasenweise Agilität (sequentielle Anwendung)

Die Planungsphase zusammen mit der grundlegenden Kostenplanung kann agil mit Hilfe von Scrum durchgeführt werden, während die anschließende Ausführungsphase nach dem traditionellen Wasserfallmodell bearbeitet wird.    

Parallele Anwendung verschiedener Vorgehensmodelle

Für Entwicklungsprojekte eignet sich in der Regel das traditionelle V-Modell. Dennoch besteht die Möglichkeit ein oder mehrere Teilprojekte parallel mit Kanban zu bearbeiten. Das Pflichtenheft landet somit im Backlog und die Anforderungen werden zu gegebener Zeit auf dem Kanban-Board gezogen. Der Projektstrukturplan kann hierbei mit geringer Genauigkeit erstellt werden. Die Hauptaufgaben werden zu Epics, die kleineren Arbeitspakete eines Epics werden zu Features/User Stories bzw. zu Tasks also 'Kleinstaufgaben'.

Integrierte Anwendung verschiedener Vorgehensmodelle

In einem traditionell nach dem Wasserfallmodell durchgeführten Projekt kommen zur Planung, inkl. Kostenschätzung, und zum Controlling hybride Elemente zum Einsatz: Beispielsweise wird der Arbeitsfortschritt mit einem Kanban-Board visualisiert und in täglichen Kurzbesprechungen besprochen.

Konkrete Anwendungsbeispiele

Bauprojekt: Agile Ergänzung bei der Innenraumgestaltung

Während die strukturelle Planung traditionell bleibt, kann die Innenraumgestaltung mit iterativen Feedback-Schleifen umgesetzt werden. Der Kunde sieht nach jedem Sprint den Fortschritt und kann Materialänderungen oder Layout-Anpassungen frühzeitig anstoßen.

Anlagenbau: Flexible Umsetzung bei sich ändernden Standards

Technische Normen können sich während mehrjähriger Projekte ändern. Anstatt am ursprünglichen Plan festzuhalten, ermöglicht ein hybrider Ansatz die Integration neuer Standards in nachfolgende Projektphasen.

Werkzeuge für den erfolgreichen Hybrid-Ansatz

Moderne agiles Projektmanagement Tools unterstützen auch traditionelle Projekte:

  • Visualisierung von Abhängigkeiten zwischen traditionellen und agilen Projektanteilen

  • Transparente Darstellung von Budget-Rahmen (Kostenplanung) und tatsächlicher Nutzung

  • Kollaborationsplattformen für alle Beteiligten

Erfolgsfaktoren für die Implementierung

  1. Kultur vor Methodik: Die Einführung erfordert Offenheit für iterative Prozesse – auch in traditionellen Umgebungen

  2. Bereichsspezifische Anpassung: Nicht jede agile Methode passt zu jedem Projekttyp

  3. Transparente Kommunikation: Alle Beteiligten müssen den hybriden Ansatz verstehen und mittragen

  4. Pilotierung: Beginnen Sie mit einem Teilprojekt, um Erfahrungen zu sammeln

Fazit

Hybrides Projektmanagement ist keine Revolution, sondern eine Evolution bewährter Praktiken. Es ermöglicht die notwendige Flexibilität, um auf unvorhergesehene Herausforderungen zu reagieren – ohne die Vorteile strukturierter Planung aufzugeben. In einer Welt sich ständig verändernder Anforderungen ist dieser Ansatz nicht nur für die Softwareentwicklung relevant, sondern für alle Projekte, die Stabilität mit Anpassungsfähigkeit verbinden müssen.

Während die agile Softwareentwicklung oft gänzlich auf agile Methoden wie Scrum setzt, kann die intelligente Kombination aus traditioneller Planungsstärke und agiler Flexibilität in Ihrem nächsten traditionellen Projekt den Unterschied zwischen Problemen und Lösungen machen.

Hybrides Vorgehensmodell entwickeln

Mit Hilfe des beispielhaft befüllten Kriterienkatalogs können Sie herausfinden, in welchen Bereichen Ihrer Projekte mehr Agilität Sinn machen kann. 

Kriterienkatalog indiv.Vorgehensmodell.jpg
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